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Parteien und die Katholische Soziallehre
Am 29. September findet in Österreich die Nationalratswahl statt. Im Vorfeld dieser Wahl hat die Katholische Sozialakademie Österreichs (ksœ) einen Fragenkatalog erarbeitet, der aus insgesamt 20 Fragen besteht und an alle Parlamentsparteien versendet. Bis zur Nationalratswahl 2024 veröffentlichen wir hier jeden Tag eine neue Frage und die Antworten der Parlamentsparteien.
Frage 20/20: Enthält Ihr Parteiprogramm Ansätze, die mit den Grundprinzipien der Katholischen Soziallehre (Personalität, Solidarität, Subsidiarität, Gemeinwohl, Nachhaltigkeit und Dialog) übereinstimmen?
Kommentar der ksœ Die Katholische Soziallehre „ist ein Kompass, der die Richtung weist, wie gutes Zusammenleben aller Menschen in einer Gruppe, einer Gesellschaft, ... |
... in der gesamten Menschheitsfamilie gelingen kann. Normativ verweist die Katholische Soziallehre dabei darauf, an welchen Werten und Haltungen sich eine Gesellschaft orientieren soll. Aber sie ist weder eine soziale Dogmatik der katholischen Kirche noch ein ideologisches Handbuch für konkrete Gesellschaftspolitik“ (Schlagnitweit). Die Katholische Soziallehre verankert die unantastbare Würde jedes Menschen als zentrales Prinzip. Sie überwindet künstliche Trennlinien zwischen Nationalitäten und Herkünften, indem sie den Wert jedes Individuums betont – unabhängig davon, ob jemand als Inländer:in oder Ausländer:in, als Österreicher:in oder Nicht-Österreicher:in gilt. Diese Lehre stellt den Menschen als Person in den Mittelpunkt und fördert eine inklusive Gesellschaft, die auf Solidarität, Gleichberechtigung und gegenseitigem Respekt aufbaut. Sie ruft dazu auf, Vorurteile zu überwinden und eine Kultur der Begegnung und des Dialogs zu pflegen, in der jeder Mensch seine Potenziale entfalten und zum Gemeinwohl beitragen kann. So umfasst die Katholische Soziallehre genauso die Verantwortung für die Auswirkungen unseres Handelns auf andere Menschen, ungeachtet ihrer geografischen Entfernung, sei es in unmittelbarer Nachbarschaft oder auf fernen Kontinenten.
Hinweise:
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ÖVP |
Ja, unser Parteiprogramm stimmt mit den genannten Prinzipien überein. Aus unserem Menschenbild leiten wir die Werte Freiheit, Verantwortung, Nachhaltigkeit, Leistung, Solidarität, Subsidiarität und Gerechtigkeit ab. Diese Werte bieten Orientierung für ein gelingendes Leben und eine erfolgreiche Gesellschaft. |
SPÖ |
Solidarität gehört zu den Grundprinzipien der Sozialdemokratie. Sie bedeutet aktive Unterstützung für den Mitmenschen und die Mitarbeit am Gemeinwohl. Solidarität nährt sich aus dem Wissen, dass wir alle miteinander verbunden sind. Erst das Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Gemeinschaft und einem selbst, die Rücksichtnahme auf die Nächsten und die Hilfe für die Benachteiligten schaffen jene Beziehungen zwischen den Menschen, die eine soziale Demokratie begründen.
Auch bei den anderen von Ihnen genannten Grundprinzipien gibt es starke Überschneidungen mit unserem Parteiprogramm. Das Streben nach dem Gemeinwohl etwa ist ein zentrales Element der SPÖ-Politik. Wir lehnen ein Wirtschaftssystem ab, das ausschließlich auf Profitmaximierung und Egoismus ausgerichtet ist und setzen uns für eine Wirtschaftsweise ein, die allen Menschen soziale Sicherheit bietet und die Natur respektiert.
Die SPÖ fördert den Dialog und die demokratische Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger. Sie tritt für eine Demokratisierung aller gesellschaftlichen Bereiche ein und setzt sich gegen die Aushöhlung demokratischer Prozesse ein. Auch unser Bundesparteivorsitz kann auf Initiative unseres Vorsitzenden Andreas Babler in Zukunft von den Mitgliedern gewählt werden. |
FPÖ |
Wie dem Parteiprogramm der FPÖ zu entnehmen ist, steht für uns die christliche Nächstenliebe im Zentrum des politischen Handelns. Das bedeutet, dass das Wohl, die Nöte und Interessen der unmittelbaren Mitmenschen – das sind die Österreicher und alle, die hier legal aufhältig sind und durch ihre Leistung zum friedlichen Zusammenleben in unserer Heimat beitragen – im Vordergrund stehen und nicht Problemstellungen ferner Weltregionen, auf welche Österreich real ohnehin so gut wie keinen Einfluss hat. Daraus abgeleitet definiert sich die FPÖ auch als „soziale Heimatpartei“. |
GRÜNE |
Allen politischen Forderungen unseres Parteiprogramms liegt zugrunde, für eine solidarische Gesellschaft freier Menschen in einer intakten Umwelt zu kämpfen. Eine solidarische Gesellschaft ist für uns Grüne eine, in der gesehen wird, dass Menschen nicht mit dem gleichen Startkapital zur Welt kommen. Wir verstehen es als unsere Aufgabe, durch gezielte sozial- und bildungspolitische Maßnahmen, wie beispielsweise durch die Stärkung des Sozialstaates oder durch bedarfsgerechte Mittelverteilung, die Rahmenbedingungen für eine sozial gerechtere Gesellschaft zu schaffen. Freie Menschen sind für uns Menschen, deren Grundrechte, wie beispielsweise jene des Rechts auf freie Meinungsäußerung oder des Rechts auf Datenschutz, gewahrt werden. Für eine intakte Umwelt kämpfen wir, weil wir Menschen auf den Erhalt von Lebensräumen und Arten angewiesen sind. Sie sind notwendig für Gesundheit und Wohlbefinden, Grundlage für die Verfügbarkeit von Trinkwasser, Nahrungsmittelanbau und letztendlich unsere Lebensgrundlage.
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NEOS |
Unsere Programme sind natürlich von einem modernen Liberalismus geprägt. Einige in der Frage genannte Grundprinzipien finden sich daher auch in unseren Programmen wieder: So stellen wir stets das Individuum in den Mittelpunkt unserer Politik und sind daher beherzte Kämpfer für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, weil wir davon überzeugt sind, dass nur so seine freie Entfaltung bestmöglich verwirklicht werden kann. Wir wollen ein positives Zukunftsbild zeichnen: Das einer freien und gerechten Chancengesellschaft, die auf Eigenverantwortung setzt, aber die Menschen befähigt, und damit Wohlstand für alle ermöglicht und ein Aufstiegsversprechen gibt. Darüber hinaus fordern wir im Sinne der nächsten Generationen ein nachhaltiges Pensionssystem und einen schonenden Umgang mit Steuergeld und der Umwelt. Auch für einen treffsicheren Sozialstaat, der sich solidarisch mit den Schwächsten zeigt, befürworten wir.
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