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Wohnraum und Bodenversiegelung
Am 29. September findet in Österreich die Nationalratswahl statt. Im Vorfeld dieser Wahl hat die Katholische Sozialakademie Österreichs (ksœ) einen Fragenkatalog erarbeitet, der aus insgesamt 20 Fragen besteht und an alle Parlamentsparteien versendet. Bis zur Nationalratswahl 2024 veröffentlichen wir hier jeden Tag eine neue Frage und die Antworten der Parlamentsparteien.
Frage 17/20: Haben Sie Konzepte für eine erneuerte Bodenpolitik im Spannungsfeld von „leistbarer Wohnraum“ und „Bodenverbrauch“. Wie stehen Sie zu einer Dekommodifizierung des Bodens (Boden ist unvertretbar und begrenzt vorhanden, weshalb für ihn andere Marktregeln gelten müssten als auf anderen Warenmärkten.)
Kommentar der ksœ Die christliche Eigentumsethik bietet für Reformen der geltenden Boden- und Eigentumsordnung im Spannungsfeld zwischen der Erfordernis leistbaren Wohnens und in ökologischer Hinsicht ... |
... überbordendem Bodenverbrauch gute Grundlagen auf Basis ihres Grundverständnisses von Eigentum. Dabei wird sowohl die individuelle als auch die gesellschaftliche Dimension berücksichtigt. Während das Privateigentum grundsätzlich bejaht wird, erhält es keinen absoluten Status. Vielmehr wird es in den Kontext sozialer Verantwortung gestellt, wodurch eine Balance zwischen persönlichen Rechten und gemeinschaftlichen Pflichten entsteht. (Siehe auch Frage 5 "Sozialpflichtigkeit des Eigentums")
Hinweise: |
ÖVP |
Es gibt einen überparteilichen Konsens für die erste Österreichische Bodenstrategie, die einen konkreten Maßnahmenkatalog zur Reduzierung des Bodenverbrauchs enthält. Länder, Gemeinden und Städte sind in die Umsetzung eingebunden. Ziel ist es, leistbaren Wohnraum zu schaffen und gleichzeitig landwirtschaftliche Flächen langfristig zu sichern. Wir unterstützen die Idee, dass Boden als begrenztes Gut besondere Marktregeln benötigt, um eine nachhaltige Nutzung zu gewährleisten. |
SPÖ |
Der verantwortungslose Bodenverbrauch muss endlich wirksam begrenzt werden, am besten mit einer Obergrenze. Für leistbaren Wohnraum wollen wir in Ballungszentren zumindest die Hälfte des Baulands für „geförderten Wohnbau“ reservieren, wie Wien das bereits seit 2019 tut. Außerdem braucht es Maßnahmen gegen das Horten von Bauland, wie es das Burgenland mit der Baulandmobilisierungsabgabe macht. Ganz grundsätzlich müssen die Bauordnungen stärker auf die Reduktion von Bodenverbrauch ausgerichtet werden und die Revitalisierung von bereits versiegelten Flächen bis hin zu einer Entsiegelung vorangetrieben werden. |
FPÖ |
Wohnraum muss leistbar sein. Um dieses Ziel zu erreichen, gilt es einerseits auf die Inflation zu reagieren, beispielsweise durch einen Mieterhöhungsstopp oder ein Verbot befristeter Mietverträge für gewerbliche Vermieter. Andererseits muss auch der ungezügelten illegalen Masseneinwanderung Einhalt geboten werden, da ein Verdrängungskampf um Wohnraum droht. |
GRÜNE |
Österreich hat die besten Voraussetzungen für ein klimagerechtes Land: Es gibt dichte Wälder, fruchtbare Böden, sauberes Wasser. Gleichzeitig wird in Österreich so viel mehr Fläche versiegelt, als notwendig wäre: Jeden einzelnen Tag werden in Österreich fast zwölf Hektar Boden verbraucht – das sind umgerechnet rund 16 Fußballfelder. So zählt Österreich nicht nur zu den europäischen Spitzenreiter:innen beim Bodenverbrauch, sondern gilt auch als Land der Zersiedelung. Siedlungsgebiete, die stetig in die Fläche wachsen, nehmen Boden in Anspruch, der für die Landwirtschaft, also für die Produktion von Nahrungsmitteln, und als Naturraum verloren geht. Die dezentrale Entwicklung der Ortsstrukturen führt dazu, dass die Ortskerne aussterben, mehr Platz für wichtige Infrastruktur geschaffen werden muss und immer mehr Boden neu verbaut wird.
Wir haben in dieser Legislaturperiode bei diesem wichtigen Thema aber einiges weitergebracht. Dass Raumordnung Ländersache ist, hat uns nicht davon abgehalten auf Bundesebene Fakten zu schaffen. Wir haben beispielsweise bei den Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVPs) die Schwellenwerte gesenkt. Das bedeutet, dass schon kleinere Projekte eine Umweltverträglichkeitsprüfung ablegen müssen, bevor sie bewilligt werden. Wir haben aber auch in Zukunft einiges vor. Wir wollen eine österreichweite Bodenschutzstrategie mit einem verbindlichen 2,5 ha-Bodenverbrauchsziel bis 2030 und Unterstützung von Gemeinden bei der Rückwidmung überschüssiger Baulandreserven und Initiativen zur Wiedernutzung und Sanierung leerstehender Gebäude sowie Wiederbelebung und Attraktiveren von Gebäuden in Ortskernen.
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NEOS |
Österreich ist im Europavergleich, was den Bodenverbrauch anbelangt, im Spitzenfeld - das muss sich ändern. Es braucht österreichweite Zielvorgaben, was den Bodenverbrauch anbelangt, und ein Bundesraumordnungsrahmengesetz, um die Steuerung auf Bundesebene zu ermöglichen. Österreich hat genügend Boden, um leistbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen - Nachverdichtung, Baulandmobilisierung und Nachnutzung von bestehenden Gebäuden können allesamt zu diesem Ziel beitragen, ohne weiteres Grünland dafür zubetonieren zu müssen. Eine ambitionierte Wirtschaftspolitik muss sich aber auch eine Steuerreform vornehmen, die bei der historisch gewachsenen Grundsteuer ansetzt.
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