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Care-Arbeit
Am 29. September findet in Österreich die Nationalratswahl statt. Im Vorfeld dieser Wahl hat die Katholische Sozialakademie Österreichs (ksœ) einen Fragenkatalog erarbeitet, der aus insgesamt 20 Fragen besteht und an alle Parlamentsparteien versendet. Bis zur Nationalratswahl 2024 veröffentlichen wir hier jeden Tag eine neue Frage und die Antworten der Parlamentsparteien.
Frage 8/20: Wie positionieren Sie sich zur Care- bzw. Pflegearbeit zu Hause? Besteht Ihrer Ansicht nach ein Änderungsbedarf?
Kommentar der ksœ Pflege- und Carearbeit sind unverzichtbar für ein würdevolles (Zusammen-)Leben aller Menschen. Obwohl nicht direkt Teil ... |
... der produzierenden Wirtschaft, sind sie essenziell für eine funktionierende Volkswirtschaft, deren Hauptaufgabe die Bereitstellung lebensnotwendiger Güter und Dienstleistungen für alle ist. Besonders die häusliche Pflege- und Carearbeit in Familien und Hausgemeinschaften schafft wertvolle Lernfelder für solidarisches Handeln. Diese unbezahlte Arbeit verdient aber neben der wichtigen gesellschaftlichen Anerkennung vor allem soziale Absicherung, etwa durch Pensionsansprüche. Dabei muss eine Balance gefunden werden: Die Wertschätzung darf nicht zur Verdrängung von Frauen aus dem Arbeitsmarkt führen. Stattdessen sind Initiativen für eine geschlechtergerechte Verteilung der Pflege- und Carearbeit zu fördern, um Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen zu ermöglichen.
Hinweise: |
ÖVP |
Fast eine halbe Million Menschen in Österreich werden zu Hause gepflegt, und das meist von nahen Angehörigen. Wir haben im letzten Jahr den „Pflege daheim“-Bonus eingeführt, um diesen unschätzbaren Beitrag, den pflegende Angehörige leisten, zu würdigen. Derzeit beträgt der Bonus für Angehörige 1.500 Euro im Jahr. Wir möchten diese Modelle ausbauen und noch weiter verbessern, um den pflegenden Angehörigen den Respekt und die Wertschätzung zukommen zu lassen, die sie verdienen. |
SPÖ |
Pflegende Angehörige leisten einen enormen Beitrag zur Pflege in Österreich. Ohne sie wäre das System nicht aufrechtzuerhalten. Dabei müssen wir sie nach bestem Wissen unterstützen. Einerseits müssen wir entsprechende Entlastungssysteme ausbauen, wie zum Beispiel die mobile Pflege, Tageszentren und die Ersatzpflege. Gleichzeitig müssen wir sicherstellen, dass pflegende Angehörige keinen Nachteil aus ihrer Tätigkeit ziehen. Wenn ein Familienmitglied sich dazu entscheidet, die Arbeitszeit zu reduzieren, um eine*n Angehörige*n zu pflegen, muss sichergestellt sein, dass die Person nicht von Altersarmut betroffen ist. |
FPÖ |
Die häusliche Pflege vor Ort ist jenes Betreuungs- und Pflegeformat, das sich der überwiegende Teil der Betroffenen eigentlich wünscht, sofern es vom Grad der medizinischen Betreuung und Pflege möglich ist. Deshalb braucht es hier eine umfassende Neuaufstellung und Verbesserung der organisatorischen, personellen und finanziellen Grundlagen, um das möglich zu machen. Erhöhung des Pflegegeldes um 50 Prozent, wenn Pflege und Betreuung ab der Pflegestufe 3 im eigenen Haushalt erfolgen. Damit die finanzielle Anerkennung und tatsächliche Aufwertung der häuslichen Pflege.
Weiters fordert die FPÖ eine umfassende und gerechte Förderung der 24-Stunden-Betreuung, damit die Möglichkeit der Betreuung daheim keine Frage der persönlichen finanziellen Leistungsfähigkeit oder jener von Angehörigen ist, die Sicherstellung der Förderung von baulichen Maßnahmen, die für Pflege und Betreuung daheim erforderlich werden sowie die Sicherstellung von baulichen Vorkehrungsmaßnahmen für künftigen Pflegebedarf im Bereich der Wohnbauförderung sowie im Steuerrecht (Absetzbarkeit). |
GRÜNE |
Wir Grünen sind der Meinung, dass es professionelle Pflege auch im häuslichen Umfeld braucht. Pflegende Angehörige sind eine massive Stütze für den österreichischen Pflegeapparat und die Care-Arbeit, die sie leisten, ist mehr als beeindruckend. Gerade diese Gruppe an Menschen gehört entlastet, durch regelmäßige Hausbesuche einer diplomierten Pflegekraft, durch Angehörigengespräche und durch finanzielle Unterstützung wie dem Angehörigenbonus. Es gibt weiteres einen Erschwerniszuschlag für Menschen mit psychischen Behinderungen oder Demenz. Dieser wurde von 25 auf 45 Stunden pro Monat erhöht, was zu Folge hat, dass 20 Stunden pro Monat mehr Zeit für Pflege und Betreuung zur Verfügung steht. Wir sprechen uns allerdings klar gegen ein Anstellungsverhältnis von pflegenden Angehörigen aus, weil das einerseits ein Schritt in die Deprofessionalisierung der Pflege wäre und andererseits die Rolle oft unterschätzt wird. Außerdem stellen sich viele Fragen: Wann hört die Arbeitszeit wirklich auf? Ist die fachliche Qualifikation vorhanden, um auch schon präventiv Maßnahmen zu setzen? Zusätzlich führt der Rollenwechsel oft auch zu Konfliktsituationen innerhalb der Familie. Es braucht mehr Pflegepersonal und Betreuungsplätze, mehr Angebote wie Community-Nurses die, wenn doch zu Hause gepflegt werden soll, ein Auge auf den:die Pflegebedürftige haben, darüber hinaus geschulte 24h-Betreuuner:innen, einen ganzheitlichen Gesundheitsansatz und einen niederschwelligen Zugang zu Kassenärzt:innen. |
NEOS |
Bei Pflegearbeit zu Hause besteht großer Änderungsbedarf. Oft werden pflegende Angehörige ohne passende Aus-/ Weiterbildungen einfach eingespannt, bis zu dem Punkt, wo sie potenziell eine eigene Arbeit beenden müssen. Das sorgt besonders bei pflegenden Frauen für ein erhöhtes Risiko an Altersarmut und - bei allen - für ein Risiko in die Überforderung gedrängt zu werden. Gerade mit zunehmenden Zahlen an bspw. Demenz muss der Fokus auf Professionalität in der Pflege erhöht werden.
Damit mehr Menschen gesund daheim altern können, braucht es deshalb zuerst mehr Prävention, um potenzielle Krankheitsbilder zu verzögern und einen besseren Erhalt der Selbstständigkeit. Wer daheim (von Angehörigen) gepflegt wird, braucht aber auch die Möglichkeit, dass diese möglichst viel über die zusätzliche Aufgabe lernen und sie nicht nur aus Bereitschaft und Verpflichtungsgefühl machen, sondern auch nötige Kompetenzen und noch wichtiger Unterstützungssysteme bekommen.
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