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20.9.2023
Zeitgemäße Bodenpolitik als soziale, ökologische und eigentumsrechtliche Herausforderung
Aktuelle Brennpunkte bodenpolitischer Debatten
Autor: Markus Schlagnitweit
Die gegenwärtig – nicht nur, aber auch in Österreich – wieder einmal drängender werdende Herausforderung leistbaren Wohnraums für alle ist nicht ohne enge Verknüpfung mit weiteren bodenpolitischen Themen lösbar. Die aktuellen bodenpolitischen Debatten kreisen v.a. um zwei Brennpunkte:
- Im Niedrigzinsumfeld der vergangenen Jahre wurden Immobilien zum bevorzugten Veranlagungsasset von Vermögenden, was neben anderen Faktoren die Preise für baureifen Boden und in weiterer Folge für Wohnraum (sowohl Miete als auch Eigentum) enorm nach oben getrieben hat. Es erhebt sich die Frage, wie vor diesem Hintergrund das elementare soziale Grundrecht auf Wohnen insbesondere für einkommensschwächere bzw. nicht vermögende Haushalte gewährleistet werden kann.1 Darüber hinaus stellt sich aus sozialethischer Sicht noch die viel grundsätzlichere Frage nach der ethischen Legitimität der Kommodifizierung des Bodens: Ist Boden eine Ware wie viele andere und damit unter denselben Gesichtspunkten „marktfähig“ bzw. „markttauglich“, oder kommt ihm nicht eine spezifische Qualität als unverzicht- und unvertretbare Existenzgrundlage (im Wortsinn!) zu, die gegen seine uneingeschränkte Kommodifizierung spricht?
- Zu dieser im Laufe der Geschichte immer wiederkehrenden sozial- und gesellschaftspolitischen Frage gesellt sich als neue Herausforderung das Problem des aus (a) ökologischer und (b) volkswirtschaftlicher Sicht zu hohen Bodenverbrauchs: Ad a) Die Bodenversiegelung geht auf Kosten von Biosphären und Biodiversität und schafft Probleme im natürlichen Wasserhaushalt: Die geschwächte Aufnahmekapazität bei Starkwetterereignissen erhöht die Gefahr von Hochwasser, Vermurungen etc.; die niedrigere Speicherkapazität und das Absinken des Grundwasserspiegels gefährden die Wasserversorgung. Ad b) Der hohe Bodenverbrauch verringert eine regional verankerte Ernährungssicherheit, weil wertvolle Agrarflächen (beinahe) unwiederbringlich verloren gehen. Zudem schafft er durch extensive Besiedelung zusätzliche öffentliche Ausgaben für Infrastruktur (v.a. Verkehr) und Nahversorgung und belastet damit Kommunen, Land und Bund. Ebenso drohen Ineffizienzen, wenn angesichts knapper werdenden Bodens und anhaltender Nachfrage nach Wohnraum der Boden nicht optimal genutzt wird (Eigenheim statt Mehrpersonenhaus). Schließlich schlagen die ökologischen Folgen der Bodenversieglung auch ökonomisch zu Buche, etwa in Form von Investitionen für Hochwasserschutz und v.a. in Städten für Begrünung, Bewässerung und Belüftung, weil versiegelte Flächen für anhaltende Hitze sorgen und damit Arbeitsausfälle sowie – langfristig – gesundheitliche Schäden verursachen können. All das sind mittel- und langfristig auch volkswirtschaftliche Herausforderungen.
Traditionelle Konzepte und Instrumentarien der Bodenpolitik zielen v.a. auf den ersten der beiden Brennpunkte und sind nicht per se auch eine taugliche Antwort auf die ökologische und volkswirtschaftliche Dimension zeitgemäßer Bodenpolitik, in der beide Brennpunkt-Probleme miteinander verschränkt zu lösen sind. Vor dem Hintergrund des epochalen demografischen, sozioökonomischen und ökologischen Wandels erweist sich ein krampfhaftes Festhalten an der herrschenden gesetzlichen Bodenordnung und allenfalls kleinteiliges Korrigieren zudem nicht nur als untauglich, sondern auch als inkonsequent: Fundamentale Wandlungsprozesse erfordern eine ebenso grundlegende Diskussion und Dynamisierung des Boden- und folglich auch des Eigentumsrechts, zu welcher auch die Katholische Soziallehre wesentliches beizutragen hat.
Grundzüge einer christlichen Eigentumsethik
So sehr die Gründungsenzyklika der modernen kirchlichen Sozialdoktrin „Rerum novarum“ (RN) von Pp. Leo XIII. ein Recht auf unantastbares Privateigentum als „Forderung der Natur“ proklamiert (RN 4; 7; 12), so sehr ist es notwendig, diese Position historisch-kritisch zu beleuchten und damit auch aufgrund ihrer Widersprüchlichkeit und Zeitbedingtheit zu relativieren: Obwohl derselbe Papst nur wenige Jahre zuvor in der Enzyklika „Aeterni patris“ (1879) die gesamte katholische Sozialphilosophie faktisch auf die scholastische Denktradition des Kirchenlehrers Thomas v. Aquin verpflichtet hat, trat er in RN ausgerechnet dazu in Widerspruch: Denn eine Tabuisierung bzw. Verabsolutierung des Rechts auf Privateigentum findet sich im Werk des Kirchenlehrers keineswegs. Dessen Überlegungen zum Privateigentum nehmen ihren Ausgang vielmehr am Grundsatz der (göttlichen) Widmung der Erdengüter für alle Menschen, aus dem sich eine absolute Vorrangigkeit und Unantastbarkeit dieser Gemeinwidmung ableiten lassen, aber keinesfalls ein absolutes Eigentumsrecht. Mehr denn als unumschränkter „Eigentümer“ habe der Mensch sich deshalb als „Verwalter“ der irdischen Güter zu verstehen und damit in Verantwortung für deren sittlichen und gemeinwohldienlichen Gebrauch. Die Menschheit als Ganze verfüge zwar über ein absolutes Recht auf gemeinsame Nutzung (usus communis) der Erdengüter, der einzelne Mensch aber letztlich nur über ein Recht auf deren Erwerb und Verwaltung (potestas procurandi et dispensandi).
Ein Recht auf Privateigentum kennt und befürwortet zwar auch der Kirchenlehrer Thomas, aber dieses gründet lediglich in Vernunfterfahrung und menschlicher Übereinkunft2, was ihm zwar hohes Gewicht, aber keine Absolutheit verleiht. Veränderte soziale Lebensbedingungen oder neue Vernunftseinsicht im Blick auf eine gemeinwohlorientierte Verteilung und Verwaltung der Güter lassen eine Abänderung, Beschränkung oder sogar Aufhebung des Rechts auf Privateigentum durchaus zu oder erfordern dergleichen u.U. sogar.
Die dazu in Widerspruch stehende Proklamation eines Rechts auf unantastbares Privateigentum in RN erklärt sich vielmehr aus deren zeitpolitischem Kontext: Leo XIII. ging es v.a. um eine starke Gegenposition zur sozialistischen Bestreitung und Negierung jeglichen Rechts auf Privateigentum, die er offenbar als stärkste gesellschaftspolitische Bedrohung seiner Zeit wahrnahm.3 Und obwohl die katholische Kirche damals einen nicht minder heftigen Abwehrkampf gegen den Liberalismus führte und einen eigenständigen „dritten Weg“ zwischen Individualismus/Liberalismus und Kollektivismus/Sozialismus anstrebte, geriet Leo XIII. in RN in der Eigentumsfrage in eine irritierende Nähe zur Freiheits- und Eigentumslehre, insbesondere zum „Bodenbearbeitungsargument“ des „Stammvaters des Liberalismus‘“ John Locke.4
Die Schwäche dieser Positionierung Leos XIII. wird auch daran ersichtlich, dass er offenkundig in vorindustriellen, wenn nicht gar vorkapitalistischen Kategorien dachte: Leo XIII. sah die Lösung der zu seiner Zeit brennenden sozialen Frage der gesellschaftlichen Integration und Absicherung des Industrieproletariats in der Ermöglichung von Eigentumserwerb (durch Fleiß und Arbeitsmühe, Bescheidenheit und Sparsamkeit) in Form eines (kleinen) Grundstücks, auf dem „ohne Zweifel mit größerer Betriebsamkeit und Hingabe“ (RN 35) gearbeitet würde, um sich (und der Familie) ein Eigenheim zu errichten, durch Kleinviehhaltung und Gartenwirtschaft den Unterhalt zu verbessern und später das erworbene, bescheidene Immobilien-Vermögen den eigenen Nachkommen zu vererben. Der dem bürgerlichen Privatrecht entsprechende Gedanke, Boden und Haus so wie andere Güter einfach als Ware zu betrachten und diese einfach in spekulativer Absicht zu erwerben, um sie später mit Gewinn wieder zu veräußern, bleibt in der Behandlung der Eigentumsfrage durch RN hingegen völlig unerwähnt.
Es erscheint angesichts dieser Widersprüche und Lücken durchaus statthaft, die in RN behauptete Absolutheit und Tabuisierung des Rechts auf Privateigentum nicht als „letztes Wort“ in der Entwicklung der kirchlichen Sozialdoktrin anzusehen. Bereits die 40 Jahre später, 1931 von Pp. Pius XI. veröffentlichte zweite Sozialenzyklika „Quadragesimo anno“ (QA) versucht der individualistischen Schlagseite der Eigentumslehre in RN gegenzusteuern. Die stark unter dem Einfluss des „Solidarismus‘“, namentlich Oswald v. Nell-Breunings, stehende Enzyklika hebt dabei v.a. ab auf die „Sozialverflochtenheit“ allen Eigentums, die bei Grund und Boden besonders deutlich zutage tritt: Wieder näher an der Eigentumslehre Thomas v. Aquins ist in QA die Rede von der „Doppelnatur“ jedweden Eigentums (QA 45): In seiner Individualfunktion gewährleistet es die Lebens- und Entfaltungsmöglichkeiten für die Einzelperson; seine Sozialfunktion auf Grundlage der Gemeinwidmung aller irdischen Güter verdeutlicht dagegen, dass jede Privateigentumsordnung auf die Gewährleistung und Förderung der Lebensgrundlagen für alle Menschen auszurichten ist. Daraus lässt sich zunächst eine „moralische Sozialverflochtenheit“ des Eigentums ableiten, und zwar im Sinne der Sozialgebundenheit der Nutzung, die durch eine entsprechende Eigentumsordnung zu fördern und abzusichern v.a. Aufgabe der Gesetzgebung ist, und der Sozialpflichtigkeit des Eigentümers, der nie nur seine Eigeninteressen zu vertreten, sondern stets auch gegenüber dem Gemeinwohl Verantwortung zu übernehmen hat.
Darüber hinaus kann aber – insbesondere im Fall von Grund und Boden – auch von einer „faktischen Sozialverflochtenheit“ des Eigentums ausgegangen werden: Der wirtschaftliche Boden- bzw. Lagewert eines bestimmten Grundes kommt ja v.a. durch dessen Einbindung in die wirtschaftliche, technologische, soziale und politische Entwicklungsdynamik der Gesamtgesellschaft zustande. Diese faktische Sozialverflochtenheit des Bodens wird am kollektiv geschaffenen Solidaritätsgeflecht „Stadt“ (kommunale Infrastrukturentwicklung, privatwirtschaftliche Arbeitsplatzschaffung, zivilgesellschaftliche Kulturleistungen etc.) besonders deutlich erkennbar, aber auch besonders virulent angesichts der auch dadurch verursachten Bodenverknappung.
Letztlich entzieht die Sozialverflochtenheit des Bodens der Idee eines als tabu und „isoliert“ bzw. individualistisch gedachten Bodenrechts die Grundlage. Vielmehr legitimiert sie (auch derzeit schon bestehende) öffentliche Eingriffsrechte in das Privateigentum an Immobilien, sofern deren Eigentümer ihren Solidaritätspflichten nicht nachkommen. Nell-Breuning dazu: „Das ‚absolute‘ Grundstück gibt es nicht und darum auch keine ‚absolute‘ Rechtsposition am Grundstück.“5
Diese Position wird auch in den jüngeren Sozialenzykliken bestätigt, besonders deutlich im Kapitel zur gemeinsamen Bestimmung der Güter in „Laudato sí“ (LS, 2015). Pp. Franziskus bekräftigte hier: „Die christliche Tradition hat das Recht auf Privatbesitz niemals als absolut und unveräußerlich anerkannt und die soziale Funktion jeder Form von Privatbesitz betont.“ (LS 93) „Die Umwelt“, so Franziskus weiter, „ist ein kollektives Gut, ein Erbe der gesamten Menschheit und eine Verantwortung für alle. Wenn sich jemand etwas aneignet, dann nur, um es zum Wohl aller zu verwalten. Wenn wir das nicht tun, belasten wir unser Gewissen damit, die Existenz der anderen zu leugnen.“ (LS 95) Hier wird übrigens ein weiterer kleiner, aber fundamentaler Aspekt der Sozialpflichtigkeit angesprochen: Die Sozialpflichtigkeit des Privateigentums resultiert nicht nur daraus, dass die Würde anderer Menschen davon betroffen ist, sondern die Eigentümer schulden sich diese Sozialpflichtigkeit auch selbst um ihrer eigenen moralischen Integrität und also Würde willen.
In seiner bislang jüngsten Sozialenzyklika „Fratelli tutti“ (FT, 2020) fordert Franziskus schließlich überhaupt dazu auf, die soziale Funktion des Eigentums grundlegend neu zu denken: „Das Prinzip der gemeinsamen Nutznießung der für alle geschaffenen Güter ist das »Grundprinzip der ganzen sozialethischen Ordnung«, es ist ein […] vorrangiges Recht. Alle anderen Rechte an den Gütern […] einschließlich des Privateigentums […] dürfen seine Verwirklichung nicht erschweren, sondern müssen sie im Gegenteil erleichtern […]. Das Recht auf Privateigentum kann nur als ein sekundäres Naturrecht betrachtet werden, das sich aus dem Prinzip der universalen Bestimmung der geschaffenen Güter ableitet, und dies hat sehr konkrete Konsequenzen, die sich im Funktionieren der Gesellschaft widerspiegeln müssen.“ (FT 120) Mit Fug und Recht wird man diese Position auch als Rechtfertigung, wenn nicht sogar Aufforderung zu einem grundlegenden Neudenken von Bodenpolitik und Eigentum an Grund und Boden verstehen dürfen.
Ein solcher heute mehr denn je notwendiger Neuansatz zielt darauf ab, den Boden nicht wie jedes andere materielle Gut als Ware zu betrachten und einfach den freien Marktmechanismen Angebot und Nachfrage „auszuliefern“ – schlicht und einfach deshalb, weil es – im Unterschied zu anderen materiellen Gütern – in Bezug auf den Boden starke Freiheitsbeschränkungen gibt: Boden ist nicht beliebig (nach-)produzier- bzw. vermehrbar. Er ist in seiner Qualität als Lebensgrundlage (im wörtlichsten aller Sinne) auch unvertretbar. Speziell in Ländern wie Österreich kommen diese Gegebenheiten noch dadurch verstärkt zum Tragen, als nicht nur bestehende Bodeneigentumsverhältnisse, sondern die naturgegebene Knappheit bebau-, bewohn- und bewirtschaftbaren Bodens per se dafür verantwortlich zu machen ist, dass das freie Spiel von Angebot und Nachfrage am Bodenmarkt nur sehr eingeschränkt und jedenfalls nicht im Sinne des Gemeinwohls funktioniert. Die Nachfrage hat jedenfalls aus vielerlei absoluten (Unverzicht- bzw. Unvertretbarkeit des Bodens) wie relativen Gründen (Ortsgebundenheit, eingeschränkte Freizügigkeit etc.) oft keine oder nur sehr eingeschränkte Alternativen und insofern auch keine vollständige Konsumentensouveränität in Hinblick auf die Befriedigung existenzieller Grundbedürfnisse. Unter „Nachfrage“ sind unter den eingangs angesprochenen ökologischen Herausforderungen der Bodenpolitik überdies nicht nur private oder öffentliche Bodennutzungsinteressen zu verstehen, sondern auch das ökologische Interesse an der Erhaltung unversiegelter Flächen. In der gegenwärtig geltenden Boden- und Eigentumsordnung gibt es auf dem Bodenmarkt zwischen Angebot und Nachfrage also enorme Machtgefälle, die nicht nur per se ein moralisches Problem darstellen, sondern auch ein wirtschaftliches: Die Funktionsfähigkeit des Bodenmarktes wird durch diese Machtgefälle fundamental beeinträchtigt; deshalb erfordert sie entsprechende – korrigierende und ausgleichende – Rechts- und Rahmensetzungen.
Resümee
Ohne hier auf kleinteiligere Instrumente und Maßnahmen einer zeitgemäßen Bodenpolitik eingehen zu können bzw. zu wollen, sei zusammenfassend festgehalten: Die christliche Eigentumsethik bietet für Reformen der geltenden Boden- und Eigentumsordnung gute Grundlagen
auf Basis ihres Grundverständnisses von Eigentum in seiner Doppelnatur (Individual- und Sozialfunktion)
- auf Basis ihrer grundsätzlichen Bejahung von Privateigentum, die ihm zugleich keine Unantastbarkeit unterstellt bzw. attestiert, sondern Eigentum in soziale Verantwortung stellt,
- und deshalb jedwede Eigentumsordnung – abgesehen vom Grundsatz der Gemeinwidmung der Erdengüter für alle Menschen – in Abhängigkeit von Vernunfterfahrung und menschlicher Übereinkunft und deshalb nicht nur prinzipiell als politisch gestaltbar sieht, sondern diese Gestaltung als partizipative und gemeinwohlorientierte Anpassung an die jeweiligen demografischen, sozioökonomischen und ökologischen Verhältnisse auch für unverzichtbar und notwendig hält.6
1 Das Grundrecht auf Wohnen gilt als Menschenrecht der zweiten Generation. Grundlage dafür bildet Artikel 11 im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt), in dem sich die Vertragsstaaten zu einem Recht auf einen angemessenen Lebensstandard verpflichten, der explizit auch die Unterbringung umfasst. (Quelle: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10000629 [23.08.2023])
Artikel 31 der Europäischen Sozialcharta (revidierte Fassung; Quelle: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20007377 [23.08.2023]) spricht direkt von einem „Recht auf Wohnung“, das die Vertragsstaaten dazu verpflichtet, Zugang zu Wohnraum zu sichern, Obdachlosigkeit vorzubeugen und abzuschaffen sowie die Wohnkosten – für einkommensschwache Haushalte – leistbar zu halten. – Artikel 31 der Europäischen Sozialcharta wurde von der Republik Österreich zwar nicht ratifiziert. Seine Ratifizierung bleibt aus sozialethischer Sicht dennoch ein dringendes Desiderat.
2 Thomas bezeichnet das Recht auf Privateigentum als „nötig“, weil er es als Bedingung der Möglichkeit menschlicher Freiheit und Entfaltung seiner Personalität in ökonomischen Kontexten betrachtet, und als „sinnvoll“ im Sinne ökonomischer Effizienz und Zweckmäßigkeit, weil die Erfahrung zeigt, dass Menschen mit dem, was ihnen gehört, in diesem Sinne besser wirtschaften.
3 In dieser Abwehrhaltung gegen den Sozialismus missverstand er sogar die ebenfalls antisozialistisch angelegten und zu jener Zeit heftig diskutierten Vorschläge des US-amerikanischen Bodenreformers Henry George (Totalabschöpfung von Bodenrenten, sofern sie nicht auf Arbeitsleistung oder Kapitaleinsatz des Eigentümers beruhen, zugunsten des Gemeinwohls) als sozialistisch und lehnte sie ab, ohne deren Autor in RN namentlich zu erwähnen.
4 Ein bislang herrenloser Gegenstand ginge demnach durch jemandes individuelle Bearbeitung in dessen legitimes Eigentum über, da die dabei aufgewendete Arbeit unbestreitbar Eigentum des Arbeiters sei; niemand außer ihm hätte also ein Recht auf etwas, was mit dieser Arbeit verbunden ist.
5 Nell-Breuning, Oswald v.: Zum Volksheimstättentag 1970, in: Vermögensbildung – Bodenreform. Aktuelle Schriftenreihe des Volksheimstättenwerks, 2, Köln (Deutsches Volksheimstättenwerk) 1970.
6 In guter Vereinbarkeit mit der christlichen Eigentumsethik können hier weniger individualistische Eigentumsordnungen bzw. -formen angeregt werden: Gemeineigentum, Pacht, genossenschaftliches Eigentum oder eine wirtschaftsdemokratische Bodenwidmung.