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3.3.2021
1.700 Jahre sonntags frei
Als Kaiser Konstantin am 3.3.321 n.Chr. den arbeitsfreien Sonntag per Dekret schützte, konnte er noch nicht ahnen, welches große Erbe er damit hinterlassen würde. Das römische Reich zerfiel bekanntlich, aber der freie Sonntag ist bis heute ein wichtiger Teil des sozialen, kulturellen und religiösen Lebens. Er ist Taktgeber, strukturiert die Woche und ist ein planbarer Tag für gemeinsame Unternehmungen.
Ganz unumkämpft ist er aber auch heute nicht, immer wieder gibt es Vorstöße, den arbeitsfreien Sonntag auszuhöhlen. Sei es über die Forderung nach Sonntagsöffnung der Geschäfte in Toursimuszonen, oder aber auch durch gesetzliche Regelungen wie die Änderungen im Arbeitsruhegesetz 2018. Die 2001 gegründete Allianz für den freien Sonntag setzt sich mit ihren über 50 Mitgliedsorganisationen dafür ein, dass möglicht viele Menschen hierzulande am Sonntag freie Zeit haben. Zeit für sich, Familie und Freunde, Hobbies oder auch Religionsausübung. Daher ist die Sonntagsallianz auch so breit aufgestellt: in ihr finden sich kirchliche Institutionen und Gewerkschaften genauso wie etwa die Österreichische Plattform für Alleinerziehende, die Naturfreunde, der Alpenverein oder der Blasmusikverband.
Gemeinsam wird eine Politik gefordert, die Sorge trägt für angemessene Arbeits- und auch Ruhezeiten. Der Maßstab dabei muss der Mensch bleiben.
Stimmen aus der Sonntagsallianz
„Der Sonntag ist ein Geschenk des Himmels. Es geht nicht bloß um ein Frei-Sein von der Arbeit, sondern um ein Frei-Sein für die Menschen. Es geht darum, den kulturellen Rhythmus zwischen Arbeit und Ruhe um der Menschen willen zu erhalten und den Menschen eindeutig in den Mittelpunkt allen Wirtschaftens zu stelle“, sagt Diözesanbischof Alois Schwarz, seit 2016 kirchlicher Sprecher der Sonntagsallianz.
Superintendent Matthias Geist von der evangelischen Kirche sieht das ähnlich: „Der Sabbat oder Sonntag bringt es für mich auf den Punkt: Erst eine gut eingerichtete, geordnete Ruhe schafft Neues, schafft Freiräume. In aller Betriebsamkeit, die uns Sinn stiften soll, sehe ich daher den Auftrag, Orte und Zeiträume gemeinsamer Erholung zu finden und zu schützen. Es schadet dem Gemeinwohl und vor allem der heranwachsenden Generation, wenn sie keine gemeinsame Zeit in Familie und Freundeskreis mehr findet, sondern alles strikt nach Marktregeln getaktet sein muss.“
Renate Anderl, Präsidentin der Arbeiterkammer, unterstützt den freien Sonntag ebenfalls: „Es muss klare Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit geben. Der Sonntag ist so eine Grenze. Wir sehen gerade jetzt, mit verstärkter Arbeit im Homeoffice in der Corona-Krise, wie schnell Arbeit und Freizeit verschwimmen: Pausen werden nicht eingehalten, man ist ständig, auch nach Dienstende, erreichbar, Beschäftigte arbeiten auch krank von zuhause oder wenn sie eigentlich Pflegefreistellung für Kinder haben. Dieser Druck muss verringert werden – und nicht dadurch vergrößert, dass auch noch die Grenze zwischen Arbeitswoche und Wochenende verschwindet.“
Auch ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian findet klare Worte: „Wirtschaftlich schlechte Zeiten gehen immer Hand in Hand mit mehr Druck auf ArbeitnehmerInnen, sie tolerieren viel Unzumutbares, auch immer mehr Arbeit an Sonn- und Feiertagen, aus Angst, ihren Job zu verlieren. Unser klares Nein zu jedem Versuch, die Sonntagsöffnung und die Feiertagsruhe auszuhöhlen, bleibt gerade in wirtschaftlich herausfordernden Zeit aufrecht!“
Die große Mehrheit der ÖsterreicherInnen braucht den freien Sonntag
Wenn einzelne Mitglieder der Wirtschaftskammer das Verbot der Sonntagsöffnung „konservativ“ nennen, sprechen sie nicht für die Mehrheit der ÖsterreicherInnen. Der Trend geht in eine ganz andere Richtung, Fairness und Nachhaltigkeit werden immer mehr zu Einflussfaktoren für Kaufentscheidungen. Menschen sind mehr als reine Konsum- oder Produktionsfaktoren, das Corona-Jahr 2020 wirkte da sogar beschleunigend. Es zeigt sich, dass vieles, was für selbstverständlich gehalten wurde, jetzt den größten Wert hat: soziale Kontakte, Familie und Gesundheit.
Eine neue, repräsentative Studie[1] unter 1.000 Personen in Österreich belegt: Sechs von zehn ÖsterreicherInnen wollen den arbeitsfreien Sonntag als gemeinsame freie Zeit unbedingt behalten und sind nicht bereit, am Sonntag regelmäßig zu arbeiten. Ebenfalls knapp 60 Prozent möchte keine „Flexibilisierung“ der Arbeitswoche und würde die Aufhebung der Wochenendruhe zu Gunsten mehr individuell freier Tage nicht akzeptieren. Müde von lockdowns, Sorgen über Gesundheit und Finanzen, verstärkten Betreuungspflichten und Homeoffice zeigt die heimische Bevölkerung damit eine klare Zustimmung zu Erholung und arbeitsfreier Zeit an Sonntagen.
Die Verlierer der Pandemie
Die Ausnahmesituation Corona-Pandemie, die Erfahrungen im Homeoffice und die vielen Wochen lockdown spiegeln sich ebenfalls wider. 62% der Befragten im Homeoffice gaben an, dass ihnen die Trennung zwischen Freizeit und Arbeit zunehmend schwerer fällt. Besonders hart traf es dabei Familien, v.a. Frauen mit Kindern stimmen dieser Aussage zu 78% zu. Angespannt ist auch die Finanzlage: Jeweils 55% geben an, ihre Ausgaben und Einnahmen stärker zu überprüfen und sich beim Konsum zurückzuhalten. Die Ergebnisse zeigen, dass Familien und hier besonders die Mütter sich als Verliererinnen der Pandemie erleben. Zur generellen Unsicherheit kommen verstärkte Betreuungspflichten und die angespannte Finanzlage. Der Sonntag als planbarer Tag für Erholung und Familie bzw. Freunde bleibt weiterhin unverzichtbar.
Besonders Alleinerziehende würden diesen Druck spüren, sagt Evelyn Martin, Vorstandsvorsitzende der Öst. Plattform für Alleinerziehende. „Sonntag ist in vielen Familien der einzige freie gemeinsame Tag. Alltagsstress mit Erwerbsarbeit, Haushalt, Care-Arbeit in allen Facetten – der Tag von Eltern ist lang. Der Tag von Alleinerziehenden ist noch länger, Zeiten der Entspannung und Ruhe sind kaum vorhanden. Umso wichtiger ist es, für diese kleine Bastion der freien Zeit einzustehen. Das ist unsere Gesellschaft Eltern und Kindern schuldig, gerade jetzt!“
Freier Sonntag – Zeit, die zählt
Genau deshalb ist er wichtig, der arbeitsfreie Sonntag. Er gibt der Woche den Rhythmus und dem Leben Schwung. Sonntag bedeutet Entspannung, Stressabbau und Zeit für gemeinsames Erleben. Er ist der letzte Tag der Woche, an dem die meisten Menschen in Österreich gemeinsam frei haben. Der Mensch und die Natur brauchen dieses kollektive Durchatmen, verzichten wir nie darauf!
Petition für den freien Sonntag unterschreiben: https://www.freiersonntag.at/unterstuetze-uns/
1] https://www.freiersonntag.at/media/
Über die Autorin
Mag. Daniela Ebeert, MBA ist Koordinatorin der Sonntagsallianz
facebook @arbeitsfreier.Sonntag & instagram @meinsonntag